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Volkshochschule der Burgenländischen Ungarn

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Traditionspflege

Projekt "Burgenländisch Ungarische Volksmusik"



Projekt "Burgenländisch Ungarische Volksmusik"

 

 

20 Jahre ungarische Volksmusik an der Volkshochschule der Burgenländischen Ungarn und 15 Jahre „Őri Banda“

Die „Őri Banda“ ist nicht nur die älteste bestehende ungarische Volksmusikgruppe Österreichs, sondern sie ist Teil eines Gesamtprojektes zur Wiederbelebung der ungarischen Volksmusik an der Volkshochschule der Burgenländischen Ungarn (kurz: Vhs-Ungarn). Als ich im Jahre 1993 mit meiner Lehrtätigkeit am Zweisprachigen Bundesgymnasium Oberwart (ZBGO) begann, bekam ich Zugang zu allen Generationen der burgenländischen Ungarn. Auch meine Freizeit verbrachte ich mit Tätigkeiten für die Volksgruppe. Zum Beispiel als Mitglied der „Virgonc” Volkstanzgruppe in Unterwart und als Leihenschauspieler im „Leseverein der Reformierten Jugend Oberwart” konnte ich einige Erfahrungen sammeln, welche mir halfen, ein vollständiges Lagebild über den Zustand der ungarischen Volksgruppe zu bekommen. Besonders aufgefallen ist mir, dass bei Feierlichkeiten sehr gerne ungarische Lieder gesungen werden, die Tanzgruppen aber keine Tänze und Lieder aus unserer Region im Programm hatten, weil diese leider in Vergessenheit gerieten, oder die Lehrer aus Ungarn diese nicht kannten. Auch die Jugend kennt kaum mehr die Musik und Lieder unserer Ahnen. Obwohl ich selber kein Musiklehrer bin, beschloss ich folgenden Vierstufenplan zur Wiederbelebung der burgenländisch- ungarischen Volksmusik umzusetzen:

  1. Die Organisation von Kursen, Vorträgen und Workshops zur Pflege der ungarischen Volksmusik im Burgenland.
  2. Die Gründung von zumindest einer burgenländisch-ungarischen Volksmusikgruppe.
  3. Die Aufarbeitung alter Sammlungen und die Herausgabe von authentischen Lehrmaterialien und CDs damit man die Musik/Lieder hören, lernen, nachspielen und dazu tanzen kann.
  4. Die Verbreitung der Musik und des Liedgutes in Bildungseinrichtungen, bei geselligen Zusammenkünften („Mulatság“, Tanzhaustreffen, Bällen) und über die Medien (z.B. Zeitungsberichte, Radio, TV, Internet).

Mit meinem Freund János Földesi aus Torony (Ungarn) fand ich auch den richtigen Volksmusiklehrer für die Umsetzung meines Projektes. Bei mehreren Konferenzen stellte ich mein Konzept vor und holte mir fachliche Unterstützung (siehe Foto 1). Im Schuljahr 1994/95 konnte ich am ZBGO einige meiner Schüler zu einer „Projektgruppe ungarische Volksmusik“ motivieren und gründete mit Ihnen auch die „Szeberényi Lajos“ Zithergruppe des Burgenländisch-Ungarischen Kulturvereins, welche sich aber leider auflöste nachdem ich die Leitung zurücklegte. Mit der Volksmusik Projektgruppe des ZBGO traten wir auch öfter auf (siehe Foto 2, 3). Unser Projekt fand großes Interesse und wurde 1998 auch vom ORF Burgenland vorgestellt (siehe Foto 4).

1995 übernahm ich die Leitung der vor der Vereinsauflösung stehenden Volkshochschule der Burgenländischen Ungarn (kurz: Vhs-Ungarn) und erstellte ein neues Vhs-Konzept mit einem kompetenten Team. Die Volksmusik nahmen wir 1996 in das Programm auf und erste Kurse wie „Ungarisches Volkslied“, „Ungarische Volksmusik“, „Csárdás Tanzkurs“ (Foto 5) wurden gehalten. Unter dem Namen „Mulatság” wurden Veranstaltungen zur Verbreitung des Liedgutes organisiert, damit die ungarische Musik wieder Teil des kulturellen Lebens im Burgenland wird (Foto 6). Diese Veranstaltungen erfreuten sich großer Beliebtheit bei Jung und Alt und wir veranstalteten 2001 auch den ersten Ball der Burgenländischen Ungarn unter Mitwirkung aller aktiven Gruppen unserer Volksgruppe. Neben diesen Aktivitäten beschäftigten wir uns auch intensiv mit der Suche nach verwendbaren Materialien und der Dokumentation des noch vorhandenen ungarischen Liedgutes im Burgenland. Zur Pflege dieses Liedgutes gründete ich 2001 die zur Vhs-Ungarn gehörige Volksmusikgruppe „Őri Banda” = „Warter Band” (Foto 7 Őri Banda). Unsere erste Tournee führte uns nach Miskolc und Siebenbürgen (siehe S.14). Die erste CD bespielten wir gemeinsam mit der Gruppe „Boglya“ aus Ungarn und sie wurde ein voller Erfolg (siehe S.16-17). Aufgearbeitet wurde hauptsächlich das Liedgut der Sammlung „Daloló Őrvidék = Klingende Wart“ von Dr. Barsi Ernő aus den 70-er und 80-er Jahren, den wir auch öfter zu Vorträgen und Fortbildungen einluden. Er war der letzte große Sammler im Burgenland und freute sich sehr, dass wir die Lieder seiner Sammlung wieder zum „Leben erweckten“. Ich zitiere folgenden Schlusssatz aus seinem Brief an uns: „Möge diese schöne CD je öfter und an so vielen Orten wie möglich erklingen, damit sich viele Menschen die burgenländisch-ungarische Volksmusik aneignen und ihre leuchtende und erwärmende Kraft aus ihr strahlen kann“ (siehe Foto 8). Durch diese CD wurde das Liedgut der Sammlung für jedermann zugänglich. Kulturelle Gruppen im Burgenland und im Ausland verwenden seitdem diese Musik für neue Choreographien. In den Schulen können Kinder im Rahmen des Volkstanz- und Musikunterrichtes nun auch zu unserer burgenländisch-ungarischen Musik tanzen und singen. Das erste Projekt mit burgenländisch-ungarischer Musik und Tanz stellten wir 2002 bei der CD-Präsentation, beim 2. Ball d. Bgld. Ungarn und beim Maturaball des ZBGO vor (siehe S. 14, 15).

Weitere Veranstaltungen und Projekte folgten:

In Zusammenarbeit mit dem Verein Komponisten Interpreten Burgenland (KIBu) und dem Musikethnologischen Institut der Universität Wien veranstalteten wir ein Symposium zur Musik der Ungarn im Burgenland (siehe S. 19). Gemeinsam mit dem Landesschulrat für Burgenland hielten wir Lehrerfortbildungen ab. Im Rahmen unserer „Sommeruniversität” bei der wir das traditionelle Liedgut und die Tänze unserer Region den Jugendlichen zugänglich machten, luden wir zweimal Dr. Halmos Béla, den damaligen Leiter des Volksmusik Lehrstuhls der Universität Budapest und einen der Gründer der ungarischen „Tanzhausbewegung“ zu Vorträgen und Workshops ein (Foto 9 Dr. Halmos Béla 2005 előadás-Vortrag Nyári Egyetem). 2005 und 2006 veranstalteten wir die ersten „Burgenländisch-Ungarischen Tanzhaustreffen”(siehe S. 19, 23) und hielten dabei auch erstmals den „Ki mit tud” – Talentewettbewerb zur burgenländisch – ungarischen Volksmusik ab (Foto 10„ki mit tud“ díjazottak – Preisträger).

Wir nahmen auch an Kongressen in Ungarn teil und traten in Kontakt mit dem Musikwissenschaftlichen Institut der Ungarischen Akademie der Wissenschaften. Diese stellte mir die noch nicht aufgearbeitete älteste burgenländische Sammlung von Gyula Kertész aus dem Jahre 1957/58 zur Verfügung. Es war ein besonderes Gefühl, als sich die Panzer-Stahltür des Archives öffnete in dem sich auch die weltberühmten Originalsammlungen von Bartok Béla und Kodály Zoltán befinden. Wir beschlossen aus Teilen dieses Materials eine weitere CD herauszugeben. Im Gegensatz zur ersten CD gelang es bei diesem Projekt endlich auch das Bundeskanzleramt als Förderer zu gewinnen. Auch der ORF Burgenland, das Land Burgenland, das Bildungsministerium und die ungarische „Illyés Stiftung” förderten unser zweites CD-Projekt. Nachdem die finanziellen Mittel für unser Projekt sicherstellt waren, beauftragte ich unseren Volksmusiklehrer Földesi János mit der Aufarbeitung des Tonmaterials dieser Sammlung für die Herausgabe einer CD und eines Lehrbuches für ungarische Volksmusik an der Vhs-Ungarn. Mit den Gruppen „Őri Banda“ und „Boglya“ studierten wir die Lieder ein und im Februar 2006 konnten wir die zweite CD „Burgenländisch-Ungarische Volksmusik“ der Öffentlichkeit vorstellen (Foto 11 Őri Banda 2005, siehe auch S.21, 25).

Der nächste Schritt war es das „Lehrbuch der Burgenländisch-Ungarischen Volksmusik auf Basis der Liedersammlung von Gyula Kertész“ mit dem Untertitel „Kivilágos kivirradtig…= bis zum frühen Morgengrauen…“ herauszugeben. Dieses ist – meiner Meinung nach - für die Erhaltung und Verbreitung des burgenländisch- ungarischen Liedgutes von großer Bedeutung. Das Besondere an diesem Lehrbuch ist, dass die Liedersträuße - wie auch auf den CDs - in „ungarischer Tanzordnung“ (vom langsamen zum schnellen) zusammengestellt sind und die Begleitungen (Geige, Bratsche, Bass, Cimbal, Zither, Flöte) ebenfalls dabei sind. Das Lehrbuch wurde 2008 in der Zentralmusikschule Oberwart präsentiert und steht seitdem allen Pädagogen und Gruppenleiter zur Verfügung, mit dem sie die bodenständige Musikkultur bewahren und verbreiten können. (siehe S. 26). Mit diesem Material und unserer Musikgruppe „Őri Banda“ sorgen wir bei Veranstaltungen im In- und Ausland für die Verbreitung des burgenländisch-ungarischen Liedgutes. In der Zwischenzeit sind neue Volksmusikgruppen im Entstehen die unter anderem auch unsere CDs und das Lehrbuch verwenden.

Des Weiteren gründeten wir im Jahr 2012 den Volksliedkreis/Népdalkör an der Vhs-Ungarn. Besonders in den letzten Jahren ist es im Rahmen unseres „Sommer Volksmusiklager“ gelungen neue Bandmitglieder zu gewinnen und auch das Niveau der Volksmusikgruppe „Őri Banda” generell zu steigern. Dies zeigt sich auch auf unserer dritten CD, in der wir 2015 einige neue Lieder aus der Sammlung von Gáal Károly aufgearbeitet haben (siehe S. 38, 39) Mit der dritten CD aus der Reihe „Burgenländisch-Ungarische Volksmusik“ mit dem Untertitel „Pinkafőről jönnek már a huszárok – Aus Pinkafeld kommen schon die Husaren“ steht erstmalig eine CD zur Verfügung, die komplett von einer burgenländisch-ungarischen Volksmusikgruppe („Őri Banda“) bespielte wurde (Foto 12). Zum 15 jährigen Jubiläum der „Őri Banda“ erhielten wir „für unsere Arbeit von hohem künstlerischen Niveau“ eine Auszeichnung aus Ungarn (Foto 13 kép oklevél), worauf sowohl die Band als auch die Vhs-Ungarn sehr stolz sein können.

Zusammenfassend können wir auf schöne und erfolgreiche Jahre zurückblicken in der die ungarische Volksmusik im Burgenland einen starken Aufschwung erlebt hat. Dafür möchte ich mich bei allen Beteiligten noch einmal herzlichst bedanken und ich hoffe, dass wir weiterhin gemeinsam unsere schöne burgenländisch-ungarische Musiktradition unseren Kindern und Enkeln weitergeben können. In diesem Sinne möchte ich mit den Worten von Gustav Mahler schließen: “Tradition ist nicht die Anbetung der Asche, sondern die Weitergabe des Feuers“.

 

Mag. Somogyi Attila Tibor

Volkshochschule der Burgenländischen Ungarn (Vorsitzender)

„Őri Banda“ Gruppenleiter

 

 

 

 

 

 

 






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